Obwohl erst 23 Jahre vergangen sind, seit Danny Boyles bahnbrechender postapokalyptischer Thriller 28 Days Later das Publikum schockierte, fühlt sich die Vorfreude auf das bevorstehende Sequel 28 Years Later fast unerträglich an. Würde es wirklich jemanden stören, wenn Boyle und Autor Alex Garland die Zeitspanne um fünf Jahre verkürzen würden, um diese lang ersehnte Fortsetzung liefern zu können?
Während 28 Years Later die markante visuelle Intensität seines Vorgängers bewahrt – der Zombie-Enthusiasten und Mainstream-Zuschauer gleichermaßen mit seinen rennenden "Infizierten" und rauen Digitalaufnahmen erschreckte – steigert der neue Teil die Handlung durch einen erweiterten Rahmen, der sich mit den bescheidenen Ursprüngen des Originals kontrastiert. Nach einer Vorschau der ersten 30 Minuten sprach ich mit Boyle über seine Rückkehr ins "Rage Virus"-Universum.
"Wir haben diesmal ein Ultra-Breitbildformat gewählt", verrät Boyle IGN. "Wir wollten die Spannung des ersten Films verstärken – diese beunruhigende Geschwindigkeit und Körperlichkeit der Infizierten. Mit diesem breiteren Rahmen kann die Gefahr von überall auftauchen… man scannt ständig seine Umgebung."
Mit Aaron Taylor-Johnson, Jodie Comer und Alfie Williams in den Hauptrollen vereint 28 Years Later epische Größe mit den intimen Charaktermomenten, die den Erfolg des Originals ausmachten – plus neue erschreckende Darstellungen der Infizierten.
Von pandemischer Isolation zum Brexit-Überlebenskampf
Seit der Veröffentlichung von 28 Days Later haben Boyle und Garland gelegentlich über Sequel-Ideen nachgedacht (einschließlich ihrer Rollen als Executive Producer bei 28 Weeks Later aus dem Jahr 2007). Boyle erinnert sich an eine Wiedervorführung Jahre später beim BFI, beeindruckt vom anhaltenden Publikumsenthusiasmus.
"Es war eine Offenbarung", lacht er. "Jedes Mal, wenn diese Energie wieder auftauchte, haben Alex und ich darüber nachgedacht, wie wir die Geschichte weiterentwickeln könnten."
Während sie konventionelle Sequel-Richtungen erkundeten – wie die staatliche Waffenisierung des Virus oder globale Pandemien – fand nichts Anklang, bis reale Ereignisse ihre Vision prägten.
"Es ging weniger um Expansion, sondern mehr um Selbstreflexion", erklärt Boyle. "Besonders der Brexit spiegelte unseren narrativen Wandel wider – ein isoliertes Britannien, das sich selbst verschuldeten Konsequenzen stellt. Der Zeitpunkt fühlte sich prophetisch an."

Der Film beginnt mit einer Inselgemeinschaft, die vom Ausbruch auf dem britischen Festland abgeschnitten ist – eine Metapher für Isolation im wörtlichen und übertragenen Sinne.
"Diese Filme sind keine Vorträge", betont Boyle, "aber sie halten uns einen Spiegel vor unser kollektives Bewusstsein. Das Publikum wird unangenehme Wahrheiten hinter dem Horror erkennen."
Innovation durch Beschränkung: Von Handheld-DV zu 20-Kamera-Rigs
Das Low-Budget-Digitalästhetik des Originals revolutionierte die Horrorfilmkunst. Für das Sequel setzten Boyle und Kameramann Anthony Dod Mantle ebenso erfinderische Techniken ein – darunter Smartphone-Rigs, die gleichzeitig mehrere Perspektiven einfingen.
"Technische Grenzen fördern die Kreativität", betont Boyle. Ein revolutionärer Aufbau umfasste 20 synchronisierte iPhones: "Das ist Guerilla-‚Bullet Time‘ – erschwinglich, aber von verblüffender Wirkung."

Gedreht in einem ungewöhnlich breiten 2,76:1-Format – typischerweise historischen Epen vorbehalten – verstärkt das Seitenverhältnis die klaustrophobische Bedrohung. "Der Rahmen zwingt einen, nach Gefahren zu suchen", erklärt Boyle. Innovative Rigs montierten Kameras an Schauspieler, Drohnen und Gerüste, um Zuschauer verstörend nah ins Geschehen zu ziehen.
"Bei intensiven Szenen", verrät Boyle, "wirst du glauben, mittendrin zu sein – ob bei Jodie Comers mütterlicher Wut oder bei… nun ja, sagen wir einfach, das Publikum ist nicht bereit für den ‚nackten Alpha‘."
Wo technischer Ehrgeiz auf menschliches Drama trifft
Die Boyle-Garland-Partnerschaft lebt davon, viszerale Spektakel mit emotionaler Tiefe zu verbinden. "Alex baut filmische Physik-Herausforderungen in jedes Drehbuch ein", merkt Boyle an. "Unsere Aufgabe ist es, Spektakel mit Charakterwahrheit auszubalancieren."

Die Multi-Kamera-Rigs erwiesen sich unerwartet als wertvoll für die Schauspielführung. "Erfahrene Darsteller blühen auf, wenn sie aus dem Gleichgewicht gebracht werden", grinst Boyle. "Sie fragen: ‚Wo ist mein Augenmerk?‘ und wir antworten: ‚Überall.‘"
"Großartiges Storytelling verknüpft Fiktion mit realer Resonanz", fasst er zusammen. "Dieser Film wird Erwartungen brechen – manchmal brutal – und genau deshalb ist er wichtig."